Das Team von Anna Hartje, der SC Bison Calenberg, hat (oder hätte) in diesem Jahr die Playoffs verpasst. "Wir hatten auf diese Saison einige Abgänge", antwortet Hartje auf die Frage nach dem Warum. "Die neue Zusammenstellung musste sich einspielen. Wir haben die Situation einfach so genommen, wie sie ist, aber in den nächsten Jahren können wir bestimmt wieder oben mitspielen." Ziel sei es auch den wenigen jungen Spielerinnen Einsatzzeit zu geben, damit sie Erfahrungen sammeln können. Im Rückblick auf die letzten Jahre und dem Verpassen des grossen Coups gegen Iserlohn erörtert sie ein Kopfproblem: "Wir hatten wohl zu viel Angst oder Respekt. Ich glaube spielerisch und konditionell sind wir ganz gut aufgestellt, aber uns fehlten oft die Spielerinnen zum Wechseln."

Ihre überragende Torausbeute von 37 Treffern in 14 Spielen führt sie auf die internationale Erfahrung zurück. "Es fällt leichter abgeklärter zu sein und man kennt mittlerweile auch viele Torhüterinnen. Das ist die Erfahrung, die hier zu Gute kommt", so Hartje.

Jugendjahre mit Jungs gespielt

Hartje kam im Alter von drei Jahren zum SC Bison Calenberg. Angefangen hat sie aber im Rollkunstlauf. Später sagte sie: "Lass uns das von den Jungs machen." Ihre Stärke vor dem Tor führt sie mitunter auf das Training und das Spielen mit den Jungs zurück. "Das Spiel mit Jungs ist halt nochmals ganz anders als nur mit Damen. Ich bin auch traurig darüber, dass es irgendwann nicht mehr möglich war mit den Jungs zu spielen. Für mich hat das tatsächlich nur Vorteile in Bezug auf Robustheit und Durchsetzungsvermögen gebracht."

Mit 18 Jahren in Elite-Nationalmannschaft

2015 bei der EM in Portugal hat Anna Hartje erstmals mit der Senioren-Nationalmannschaft an ein grosses Turnier reisen können. Im Jahr zuvor hat sie es noch knapp nicht ins Kader für die Weltmeisterschaften geschafft. "Das war für mich der absolute Zusammenbruch. Ich war so traurig und habe im Jahr danach im Training einfach noch eine Schippe draufgelegt. Dann hat es auch tatsächlich gereicht." Das erste Spiel an der Euro war aber laut eigener Aussage "schrecklich". "Ich habe eine blaue Karte kassiert und einen Penalty verursacht." 2016 ging es dann an die Weltmeisterschaft nach Chile. "Chile war der absolute Hammer. Die Kontraste zwischen der Landschaft und der Stadt, die nur noch Schutt und Asche war, waren krass." An den World Roller Games 2017 in China folgte mit der Bronzemedaille das absolute Highlight. "Ich muss gleich Grinsen, wenn ich daran zurückdenke. So viel Erfolg habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehabt. Das Spiel gegen Chile war so überwältigend. Niemand hat das erwartet und wir haben es einfach gezeigt. Das war richtig cool", sprudelt es aus Hartje heraus.

Während in China die Atmosphäre nicht vorhanden war, konnte Hartje es vor einem Jahr in Barcelona kaum fassen. "Ich bin in den riesigen Palau reingegangen und war zuerst zwei Minuten in Trance. Das war völlig irre und habe ich noch nicht erlebt. Darauf bin ich sehr stolz." Gegen die gastgebenden Spanierinnen hat es dann im Viertelfinale doch nicht gereicht.

Anna Hartje hilft in der Nachwuchsförderung

Wie auch in der Schweiz nehmen die Neulizenzierungen zu. Laut Hartje liegt ein Grund darin, dass "die Mädchen immer selbstbewusster spielen, auch wenn sie am Anfang mit Jungs zusammenspielen müssen."

"In diese U17-Geschichte bin ich reingerutscht, weil sie noch Trainer brauchten. So bin ich dann auch an die inoffizielle Europameisterschaft nach Molfetta gereist." Die Stimmung und der Spass im Team sei gross gewesen. Das würde sie sich für die Damen auch noch wünschen. "Wenn die jungen Mädchen zu den Damen aufrücken, könnte dies eine wirklich spannende Geschichte werden. Ich habe noch nie so viel Potenzial gesehen", drückt sich Hartje über die Zukunft im Damen-Rollhockey klar aus.